So erwähnt PLUTARCH, dass die Cimbern mit weißen Schilden, zweispitzigen Speeren,
eisernen Panzern und tierkopfförmigen, federbuschgeschmückten Helmen
ausgestattet waren. Diese Beschreibung trifft aber eher auf keltische Ausrüstungsgegenstände zu.
Fraglich ist auch, ob die von TACITUS in den Annalen überlieferten anfeuernden Worte des Arminius von der nützlichen
Verwendung in der Varusschlacht erbeuteter
römischer Waffen einen übertriebenen Einzelfall darstellen oder ob sie verallgemeinert werden dürfen. Gleiches
gilt für die Aussagen des Germanicus über die
unzulängliche Bewaffnung der germanischen Gegner. Da ist die Rede von aus Weiden geflochtenen Schilden, Schilden
aus dünnen Holzbrettern und Lanzen ohne
Eisenspitzen.
Eine recht kurze und interpretationsbedürftige Übersicht über germanische Waffen liefert TACITUS im sechsten Buch
seiner „Germania“.
Antike Kunstwerke bieten einige Ergänzungen, wenn auch naturgetreue Wiedergabe zeitgenössischer germanischer Waffen
zugunsten allgemein im Bewusstsein der
Römer verfestigter Auffassungen über die Barbaren nicht immer angestrebt worden zu sein scheint. Es ist möglich,
dass hier einem „Barbaren-Topos“ gefolgt wurde.
Doch der Begriff, und auch sein Inhalt, sind in der Wissenschaft umstritten.
Die beiden bisher genannten Quellengattungen erfahren durch archäologische Funde eine sehr wesentliche Ergänzung.
Waffen stammen hauptsächlich aus Gräbern, Verwahr- und Opferfunden. Von diesen haben die umfangreichen Moorfundplätze
in Schleswig-Holstein und Dänemark das
bisher aussagekräftigste Material geliefert.
Die Waffenzusammensetzung in den Gräbern ist auffallend unterschiedlich. Häufig erscheinen die Funde unvollständig.
Gebiets- und zeitweise ist es überhaupt
nicht üblich, Männergräber mit Waffenbeigaben zu versehen. Inwiefern damit tribale Unterschiede oder kultisch-religiöse
Vorstellungen greifbar werden, lässt
sich nicht sagen. Vielleicht gelangten selten vollständige Waffenausrüstungen ins Grab. Einiges scheint dafür zu
sprechen, dass man sich häufig auf einzelne
Beigaben beschränkte, was möglicherweise dann auch einen symbolischen Charakter hatte.
Trotzdem lässt sich anhand der archäologischen Funde feststellen, dass Zusammensetzung der Bewaffnung und Formen der
Waffen Veränderungen unterliegen, die
nicht nur von typologischem Interesse sind, sondern auch Einblicke in Waffenausstattungen und Kampfesweise
erlauben.
Lanzen und Speere
Mehrfach ist eine Kampftechnik der Germanen überliefert, nach der die entscheidende Kampfkraft beim Fußvolk lag.
Reine Reiterangriffe waren eher selten, sondern Berittene und Unberittene fochten gemeinsam.
CAESAR berichtet in seinem Werk vom Gallischen Krieg, dass sich jeweils ein Reiter und ein Fußsoldat der Germanen
gegenseitig deckten.
Oder die Reiter sprangen vom Pferd und kämpften zu Fuß, während die Tiere abgerichtet ruhig auf der Stelle stehen
blieben. Unter diesen Kampfbedingungen war es naheliegend, wenn Reiter und Fußkämpfer mit den gleichen Waffen
ausgerüstet waren.
Die häufigste Waffe scheint die Lanze bzw. der Speer gewesen zu sein. Hier decken sich schriftliche Nachrichten
und bildliche Darstellungen auf römischen Denkmälern mit den Ergebnissen der archäologischen Forschung. Danach
tritt die Lanze gegenüber dem Schwert mehr als dreimal so häufig auf. Sogar eine vermeintlich germanische
Bezeichnung für diese Waffe – framea – ist uns durch TACITUS überliefert. Die sprachwissenschaftliche
Ableitung dieses Begriffes bereitet allerdings Schwierigkeiten. Gleiches gilt für die häufig genannte Bezeichnung
„Ger“ für eine germanische Stangenwaffe. Unbestritten ist wohl, dass sie gleichermaßen als Wurf –
und Stoßwaffen benutzt wurden.
Was den Wert der Lanze als Waffe im Nahkampf angeht, so soll hier nur auf den norwegischen Königsspiegel verwiesen
werden, der warnt, die Lanze nicht zu schnell loszulassen, denn im Gefecht sei eine Lanze besser als zwei Schwerter!
Diese – zwar aus zeitlich späterer Epoche stammende - Bemerkung dürfte auch für die Zeit um Christi Geburt
ihre Gültigkeit gehabt haben.
Kleinere Speere dagegen dienten vorwiegend als Wurfgeschosse, weswegen der Krieger jeweils mehrere davon besitzen konnte.
Die Bodenfunde verdeutlichen, dass im Verlaufe des 1. Jhd. n. Chr. mäßig große Lanzenspitzen mit meist schlichtem, flachen
Blatt in Gebrauch waren und schlanke, mit einem Grat versehene ältere Formen ablösen.
Speerspitzen mit Widerhaken sind möglicherweise als „missilia“ zu verstehen, die als leichte Wurfgeschosse
gedeutet werden.
Die in der Rede des Germanicus an seine Soldaten erwähnten germanischen Waffen mit nur im Feuer gehärteten Spitzen, die
TACITUS in den „Annalen“ überliefert, sind durchaus glaubhaft. So finden sich im Fundspektrum von Hjortspring
auf Alsen in Dänemark auch knöcherne Lanzenspitzen. Die Artefakte von Hjortspring gehören allerdings noch in die
vorrömische Eisenzeit.
Germanische Schilde
Reste von Kettenhemden sind in den germanischen Gräberfeldern in der Zeit um Christi Geburt eine absolute Rarität (ein
Exemplar
in Putensen nachgewiesen) so daß davon ausgegangen werden kann, daß der Schild während unserer Zeitstellung die einzige
Schutzwaffe
der Germanen darstellte.
Die Schilde bestanden aus Holzbrettern. Da diese sich jedoch nicht erhalten haben, können Aussagen über Größe und Form
nur über die Reste von eisernen oder bronzenen Randbeschlägen getroffen werden. Zudem bieten römische Darstellungen
von germanischen Kriegern einige Hinweise.
Die Schilde waren auffallend klein. Die größten etwa 100x50 cm, oft aber nur 60x40cm oder noch kleiner. Die Formenvielfalt
war groß; von oval, fassförmig, sechseckig, bis manchmal auch rund oder rechteckig.
Wie dick die Bretter waren, läßt sich an den Nieten der Schildbuckel und den Randbeschlägen ableiten. In der Mitte
etwas mehr als 1 cm, zum Rand hin vereinzelt weniger als 5 mm.
Die vollständig erhaltenden Schilde aus dem Thorsbergermoor, welche allerdings nicht in unsere Zeitstellung gehören,
waren aus Erlen- oder Eschenholz. Kleinste Reste auch von anderen Fundstellen bestätigen diese Baumarten; auch Ahorn
und nur sehr selten Eiche wurde verwendet. Einer der Thorsbergschilde war nachweislich mit Leder oder Rohhaut bespannt,
was ihm zusätzliche Stabilität verlieh, andere waren dagegen waren unbespannt. Einiges deutet darauf hin, daß es in
unserem Darstellungszeitraum ebenfalls sowohl bespannte als auch unbespannte Schilde gegeben hat.
Aus den Schriften römischer Autoren und von den bildlichen Darstellungen der Römer wissen wir, daß die Schilde
bunt bemalt waren.
Um den Schild handhaben zu können, wurde in die Mitte ein Loch gesägt, in welchem der Griff angebracht wurde.
Um die Hand zu schützen, wurde über das Loch ein Schildbuckel aufgenietet. Diese Schildbuckel wiesen oft eine
Stange auf, oder liefen zumindest spitz zu. Dies und die geringe Größe weisen darauf hin, daß germanische
Schilde auch sehr offensiv als Angriffswaffe eingesetzt werden konnten. Der Holzgriff wurde oft noch mit einer
sogenannten Schildfessel aus Metall verstärkt. Ob der Griff quer oder längs zum Schildkörper angebracht wurde,
läßt sich in Brandgräbern nicht mehr nachweisen. Von römischen Abbildungen und den wenigen Insitu Schildfunden
wissen wir aber, daß der Griff quer zum Schild angebracht wurde; bei Reiterschilde hingegen längs.
Einige Schilde weisen zusätzlich noch einen Randbeschlag auf, einen Metallstreifen, welcher um den Rand gefaltet
und mit kleinen Nieten befestigt wurde. Dieser Randbeschlag aus Eisen oder oft auch Bronze diente dazu, den dünnen
Rand zu verstärken. Häufig lief dieser Beschlag allerdings nicht um den gesamten Schild, sondern nur an der Ober-
und Unterkante, wo der Schild am stärksten belastet wurde. Da häufig Schildbuckel, aber kein Randbeschlag in einem
Grab gefunden wurden, steht zu vermuten, daß in solchen Fällen der Schildrand mit z.B. Rohhaut verstärkt wurde,
welche sich aber nicht erhalten hat.
Die Form von Schildbuckel und Fessel, sowie der Form der Nieten und deren Anordnung geben wichtige Hinweise auf die
Zeitstellung des Schildes, da sie Moden und Entwicklungen unterworfen waren. So werden die Dächer der Schildbuckel
mit der Zeit immer steiler, die Stangen länger, der Kragen aber schmaler. War es zunächst üblich, den Buckel mit
bis zu 8 Niete mit breiten und flachen Köpfen zu befestigen, wurden später nur noch 4 kleine, noch später aber 9
in 3 Dreiergruppen angeordnete, so genante Fingerhutniete, verwendet.
Für den Nachbau eines möglichst authentischen Schildes ist es also nötig, diese Dinge zu berücksichtigen. Natürlich
sollten auch die übrigen Tracht- und Ausrüstungssteile soweit es geht miteinander zeitgleich sein.
Schwerter
Obwohl die Lanze wohl als „die Waffe“ des germanischen Kriegers gelten muss, war auch das Schwert nicht
unbekannt. In den germanischen Gräberfeldern tauchen gleich zwei verschiedene Typen von Schwertern auf. Das eine sind
die zweischneidigen Schwerter, das andere die einschneidigen. Das zweischneidige Schwert der Germanen ist wohl
ursprünglich bei den südlichen Nachbarn, den Kelten, entwickelt worden, taucht aber schon früh auch im germanischen
Bereich auf. Es war zwar als Hiebwaffe ausgelegt, ermöglichte aber ebenfalls das Zustechen.
Die Schwerter sind zunächst mit etwa 80 bis 90 cm recht lang. Nach den ersten Kontakten mit den Römern, zum Ende
des 1. Jh. v.Chr., werden die Schwerter jedoch rasch kürzer und sind bald nur noch 60 bis 70 cm lang. Es war wohl
üblich solch ein Schwert in einer Scheide aus Metall zu tragen.
Die einschneidigen Schwerter waren reine Hiebwaffen und sind wohl eine Eigenentwicklung der Germanen. Die Form
stammt aus dem ostgermanischen Raum und breitete sich von dort bis zur Elbe und darüber hinaus aus. Diese Schwerter
waren mit nur selten mehr als 70 cm recht kurz und wurden in der Zeit um Chr. Geb. noch etwas kürzer. Von den
Schwertscheiden sind nur eiserne Klammern erhalten, so dass davon ausgegangen werden muss, dass sie aus Holz
hergestellt wurden.
Aus dieser Schwertform entwickelte sich in späterer Zeit der so genannte Sax, die Waffe, von der die Sachsen
ihren Namen haben sollen.
Text: Konrad Göttig und Ingo Jüdes
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